Herausforderung Digital Change: So nutzen Sie die Chancen der Digitalisierung
Wie können Unternehmen ihre digitale Transformation vorantreiben und Mehrwerte für ihre Produkte schaffen? In einer kleinen Beitragsreihe zum Thema Digitalisierung geben wir Tipps und stellen Beispiele aus der Praxis vor. Beitrag 1 beschäftigt sich mit der Frage, was Unternehmen auf ihrer Digital Journey beachten sollten.
Deutschland galt bislang nicht gerade als ein Musterland für Digital Readiness. Auf dem vom IT- und Netzwerkanbieter Cisco erhobenen Digital Readiness Index rutschte es 2019 im internationalen Ländervergleich von Platz 6 auf 14 ab. Und im „Digital Riser Report 2021“ des Berliner European Center for Digital Competitiveness (ECDC) belegte Deutschland den vorletzten Platz in Europa und Mittelasien (mit komfortablem Vorsprung vor Albanien) in Bezug auf die Fortschritte, die in den letzten drei Jahren (2018 bis 2020) bei der digitalen Wettbewerbsfähigkeit gemacht (oder eben nicht gemacht) wurden.
Erzwungener Digitalisierungsschub
Das war vor Corona – kommt jetzt vielleicht der Aufbruch? Immerhin scheint es, als treibe das Virus die Digitalisierung vor sich her: Server ächzen unter der Last von Videokonferenzen, Gesundheitsämter melden Daten per Fax an das RKI – aber dank Corona herrsche jetzt zumindest bei Unternehmen „Aufbruchsstimmung“ in Sachen Digitalisierung, so das Ergebnis einer Bitkom-Umfrage. Lange Zeit waren auch entwickelnde und produzierende Unternehmen hier eher zögerlich. Doch jetzt wollen sie nicht nur den erzwungenen „Digitalisierungsschub“ vor allem bei der Kollaboration beibehalten und ausweiten, sie wollen sich auch verstärkt mit der Nutzung wichtiger digitaler Technologien wie Datenanalysen oder Künstlicher Intelligenz auseinandersetzen.
Denn die Digitalisierung eröffnet für viele Hersteller große Marktchancen, zumindest theoretisch. In der Praxis steht diesen Chancen aber oft eine Fülle von Fragen gegenüber: Wie können Hersteller und Anbieter ihre Legacy-Produkte mit digitalen Technologien aufwerten? Wie kann beispielsweise ein Werkzeugmaschinenbauer mittels Digitalisierung auf den Kundenwunsch nach ergonomischen Verbesserungen reagieren – in einem Umfeld, das von Konkurrenz und Preisdruck geprägt ist? Was muss ein Hersteller von Landwirtschaftstechnik tun, um seine Geräte für Vernetzung und Remote Maintenance fit zu machen? Und wie können die sich daraus ergebenden Anforderungen an Funktions- und Datensicherheit umgesetzt werden?
Vom bestehenden Portfolio zu neuen digitalen Angeboten
„Ein Weg zu neuen Wertschöpfungsmodellen führt über die Analyse des bestehenden Portfolios“, erklärt Stephan Strohmeier, bei NewTec verantwortlich für Safety & Security Solutions und digitale Beratung. „Für welche Legacy-Produkte kann welcher digitale Mehrwert geschaffen werden und wie? Welche Daten können beim Gebrauch des Produkts gewonnen werden? Und wem nützen sie?“
Um mit neuen Angeboten über das bisherige Produktportfolio hinauszugehen, lohnt es sich, sich an erfolgreichen Geschäftsmodellen zu orientieren und auch über den Tellerrand der eigenen Branche hinauszublicken. Neue Wertschöpfungsmodelle sind aber nur der halbe Weg. Denn oft ist noch weitgehend unklar, wie die damit einhergehenden Anforderungen an Entwicklung, Produktion und Personal identifiziert und erfüllt werden können. Damit ein digitales Geschäftsmodell erfolgreich im Unternehmen umgesetzt oder ein Produkt mit digitalem Mehrwert erfolgreich eingeführt werden kann, sollten von Anfang an neben wichtigen technologischen und ggf. sicherheitskritischen Faktoren auch die Unternehmensstruktur und die Unternehmenskultur mitbedacht werden.
Offen für Neues?
Wichtig dabei ist eine systematische Analyse, welche dieser Modelle sich für das eigene Unternehmen eignen und ob sie auch übertragbar sind. Lassen sich die erforderlichen Änderungen innerhalb der vorhandenen Unternehmensstruktur umsetzen oder muss diese angepasst werden? Werden womöglich bestehende Geschäftsmodelle durch die neuen Produkte oder neuen Geschäftsmodelle kannibalisiert? Was passiert z. B. mit der Servicetechnik-Abteilung, wenn die Produkte per Remote-Maintenance gewartet werden? Zu dieser Prüfung gehört aber auch die Frage, ob die Unternehmenskultur offen genug ist gegenüber digitalen Innovationen – nicht selten sind traditionelle Organisations-, Entscheidungs- und Projektstrukturen ein wesentliches Digitalisierungshindernis.
Neue Safety- und Security-Herausforderungen
Die Digitalisierung erzwingt auch einen veränderten Umgang mit vertrauten Aufgabenbereichen – allen voran das Thema funktionale Sicherheit. Ein Beispiel aus dem Maschinenbau: Wie können Sie verhindern, dass weitgehend autonom agierende Maschinen, etwa kollaborative Roboter (Cobots), ihre menschlichen Kollegen verletzen? Bislang bewährte Schutzeinrichtungen wie Schutz- oder Lichtzäune beeinträchtigen eine enge Zusammenarbeit und damit die Effizienz – neue Konzepte sind gefragt. Zudem muss funktionale Sicherheit (Safety) bei der Digitalisierung von Prozessen mit der informationstechnischen Sicherheit (Security) stets Hand in Hand gehen. Denn bei der funktionalen Sicherheit muss immer das ganze System betrachtet werden – Maschinen und Anlagen sind aber heute oft Bestandteile von Produktionsnetzwerken und die sie steuernden Systeme (Industrial Control Systems, ICS) mit einer zunehmenden Zahl von Komponenten verbunden, die aus dem Internet erreichbar sind.
All das macht ICS zunehmend verwundbarer gegen Cyber-Angriffe. Schlecht gesicherte IoT-Geräte gehören zu den populärsten Angriffsvektoren in Produktionsumgebungen. Gelingt es aber einem Hacker, ins Produktionsnetzwerk einzudringen, kann er Sicherheitsmaßnahmen sabotieren oder gefährliche Zwischenfälle herbeiführen. Eine unabdingbare Voraussetzung für Safety – den Schutz der Menschen vor den Systemen – ist daher Security, der Schutz der Systeme vor Menschen. Die Digitalisierung in Industrieunternehmen erfordert somit ein neues, integriertes Konzept von Sicherheit, das Safety und Security gleichermaßen berücksichtigt.
Unterstützung von Experten
NewTec bietet in allen Bereichen eines digitalen Wandlungsprozesses strategische und technologische Unterstützung. In Digital-Change-Workshops werden Trends und Märkte analysiert und Potenziale ermittelt sowie Umsetzungsstrategien erarbeitet. Und es wird ein Blick darauf geworfen, was „Digital Readiness“ für Unternehmensstruktur und -kultur bedeuten. Wenn es dann konkret wird, unterstützen wir Hard- und Software-Engineering mit Expertise und Manpower, insbesondere wenn es darum geht, Lösungen mit hoher Anwendersicherheit (Safety) und Embedded Security (Datensicherheit) zu entwickeln. Einige Beispiele und interessante Informationen rund um die Digitalisierung in verschiedenen Branchen werden wir Ihnen in weiteren Beiträgen dieser Serie vorstellen.
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