And the Winner is: TRDP!


Für das Projekt smartrail 4.0 der Schweizer Bahnen identifizierte NewTec geeignete Protokolle für die Zugkommunikation der Zukunft.

Ein wichtiges Element nachhaltiger Verkehrskonzepte ist es, die Wettbewerbsfähigkeit der Schiene gegenüber anderen Verkehrsmitteln zu stärken. Voraussetzungen dafür sind Interoperabilität und Standardisierung. Weil Europas Bahnnetze zunehmend enger zusammenrücken sollen, müssen Bahnunternehmen stärker miteinander kooperieren und brauchen deshalb interoperable Technik.

Deshalb wurde in den 1990er Jahren das European Train Control System (ETCS) aus der Taufe gehoben, ein einheitliches „Zugbeeinflussungssystem“ zur Steuerung von Zügen von außen und grundlegender Bestandteil des zukünftigen einheitlichen europäischen Eisenbahnverkehrsleitsystems ERTMS.

Darüber hinaus ist insbesondere auch die Interoperabilität aller in den Zügen verbauten rechnergesteuerten Komponenten eine wichtige Voraussetzung, um Sicherheit und Zuverlässigkeit zu steigern, Management- und Kontrollsysteme zu vernetzen und die Kosteneffizienz zu verbessern.

Einheitliche Bussysteme und Kommunikationsprotokolle auf Zug-Ebene
In Schienenfahrzeugen sind mittlerweile zahlreiche vernetzte Komponenten im Einsatz – von Antrieb und Bremsen über Klimaanlage und Toilettenanlagen bis hin zu Türsteuerungen. Solche rechnergesteuerten Komponenten stammen meist von verschiedenen Herstellern, und es werden häufig noch unterschiedliche proprietäre Bussysteme und Kommunikationsprotokolle genutzt, um sie fahrzeugweit oder zugweit zu überwachen und zu steuern. Das macht Systeme komplexer und fehleranfälliger und ist auch ein erhebliches Hindernis für ihre Interoperabilität.

Für das einheitliche ETCS werden von der Europäischen Eisenbahnagentur ERA Technische Spezifikationen für die Interoperabilität herausgegeben, an die sich Hersteller halten müssen, z. B. für die Zugsteuerung, Zugsicherung und Signalgebung die TSI CSS (Control-Command and Signalling). Die Kommunikation zwischen vernetzten Zugkomponenten verschiedener Hersteller regelt seit 1999 die internationale Normenreihe IEC 61375, die ein standardisiertes Feldbussystem für das Zugkommunikationsnetzwerk (TCN, Train Communication Network) beschreibt.

 
 

Next-Generation TCN
Allerdings ist der Informationsaustausch im Zug inzwischen immer umfangreicher und komplexer geworden, was immer wieder Weiterentwicklungen des TCN erfordert. So wurden in der IEC-61375-Reihe die beiden spezifizierten seriellen Busse (Zugbus WTB und Fahrzeugbus MVB) durch Busse auf der Basis von Ethernet (ETB und ECN) abgelöst, um die steigenden Performance-Anforderungen moderner Anwendungen und On-Board-Services wie Fahrzeugdiagnose, Sicherheitsfunktionen (Brake-by-Wire), Videoüberwachung oder WLAN-Internetzugriff zu erfüllen.

Diese schnelleren TCN kombinieren in der Praxis herkömmliches 100-Mbit/s-Ethernet mit diversen, zum Teil proprietären Kommunikationsprotokollen wie TRDP, CANopen, CIP (Alstom), Profinet (Siemens) oder IPTCom (Bombardier), was wieder zu Lasten der Interoperabilität geht. Außerdem bietet Standard-Ethernet keine ausreichenden Mechanismen für sicherheits- und zeitkritische Funktionen.

Zukünftige TCN sollen deshalb auf den echtzeitfähigen Ethernet-Standards TSN (Time-Sensitive Networking) beruhen. An der konkreten Ausgestaltung dieser NG-TCN (Next-generation TCN) wird derzeit intensiv gearbeitet, unter anderem im Rahmen der OCORA-Initiative (Open CCS On-board Reference Architecture) der europäischen Bahnunternehmen Deutsche Bahn, NS (Niederlande), SNCF (Frankreich), den Österreichischen Bundesbahnen ÖBB oder den Schweizerischen Bundesbahnen SBB.

Das Projekt smartrail 4.0 der Schweizer Bahnen
Die Schweiz ist ein Land mit großer Bahntradition und betreibt das dichteste Bahnnetz Europas. Mit dem 2017 gestarteten Modernisierungsprogramm „smartrail 4.0“ will die Bahnbranche des Landes nun die Chancen der Digitalisierung und neuer Technologien für einen effizienten Bahnbetrieb nutzen, alte Systeme ablösen und das Automatisierungs- und Optimierungspotenzial neuer Technologien nutzen. Gemeinsames Ziel von SBB, BLS, Schweizerischer Südostbahn AG (SOB), Rhätischer Bahn (RhB) und des Verbands öffentlicher Verkehr (VöV) ist es dabei, Kapazitäten zu erhöhen, Kosten zu senken und den Kundinnen und Kunden langfristig einen attraktiven Service zu bieten.

smartrail 4.0 baut auf dem European Train Control System auf, soll aber die Anlagenkomplexität erheblich reduzieren. Angesichts der angesprochenen Heterogenität bestehender TCNs stellte sich den fünf Bahngesellschaften dabei auch die Frage: Welche Netzwerkprotokolle eignen sich am besten für die Verbindung all der rechnergesteuerten Komponenten im Zug?

NewTec evaluierte TCN-Protokolle
Als ausgewiesener Experte für Zugkommunikationsnetze, Mitentwickler von TRDP (Train Real Time Data Protokoll) und Entwicklungspartner der Shift2RAIL-/Safe4RAIL-Initiativen wurde NewTec mit der Evaluierung aller infrage kommenden TCN-Protokolle betraut.

Nach Analyse der Anforderungen an den Fahrzeugbus identifizierten die NewTec-Ingenieure die geeigneten offenen, ethernetbasierten Netzwerkprotokolle. Dabei galt ein besonderes Augenmerk den Anforderungen der OCORA-Initiative. Jedes der Protokolle (darunter z. B. TRDP/TCN, OPC UA, Profinet, EtherCAT oder CIP) wurde schließlich auf Herz und Nieren geprüft. Im Fokus standen u. a. APIs, Übertragungssicherheit, Kompatibilität mit dem Zugsteuerungssystem (Train Control & Management System, TCMS) sowie die TCN-Integration und der Entwicklungssupport.

Am Ende gab es eine klare Empfehlung: Das Functional Distribution Framework (FDF) mit TRDP. Das im Rahmen der europäischen Shift2Rail-Initiative entwickelte FDF spezifiziert eine Middleware-Architektur inklusive Software-Schnittstellen und verwendet dafür das Kommunikationsprotokoll TRDP – das Train Realtime Data Protocol, das als Teil des TCN in der Norm IEC 61375-2-3 Annex A spezifiziert ist und so die Grundlage für eine einheitliche Netzwerkkommunikation in Zügen bildet.

Damit ermöglicht FDF die Nutzung von TSN ebenso wie sicherheitskritische Anwendungen bis SIL 4.

In einer zeit- und themengleich durchgeführten Studie kam die schweizerische Selectron AG übrigens zu einem vergleichbaren Ergebnis. Es scheint also, als führe kein Weg an FDF und TRDP vorbei. Die NewTec-Studie („UVCCB Study Bus Technologies“) kann über die smartrail-4.0-Website heruntergeladen werden.

 

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